System – ein heuristisches Modell
Die Statistiken haben gezeigt, dass Krebs ein gesellschaftliches Problem darstellt. Steigende Sterbezahlen und steigende Kosten können langfristig eine große Belastung werden.
Um ein tieferes Verständnis des „Phänomens Krebs“ zu bekommen, brauchen wir ein heuristisches – ein erkenntnisförderndes – Modell, mit dem wir die Zusammenhänge betrachten. Ich will mit Ihnen den Menschen und die Gesellschaft aus dem Blickwinkel des Systems besser verstehen, ich möchte mit Ihnen herausfinden, was Krebs in diesen Systemen bedeutet.
Systemdefinition
Zunächst müssen wir uns erst einmal darüber klar werden was ein System ist. Jeder hat eine Vorstellung von einem System. Wir denken da z.B. an ein Verkehrssystem. Uns interessieren an dieser Stelle aber vor allem „lebende Systeme“. Ein Baum, ein Mensch, eine Familie – das sind lebende Systeme. Die nachfolgende Grafik zeigt alle Bestandteile eines Systems:
Dass ein System Grenzen haben muss, ist logisch: Wir müssen wissen, ob etwas zu dem System, das wir betrachten wollen, dazugehört oder nicht. Ebenso einleuchtend ist die Existenz von Subsystemen, also systemartigen Teilen im System oder Teilen, aus denen sich das System zusammensetzt.
Nicht ganz so zugänglich sind die verbindenden Regeln, die Ordnung. Je nach dem von welchem System wir sprechen, haben wir andere Bezeichnungen. In dem System Mensch oder Pflanze sind es zum Teil die physikalisch-biologisch-biochemischen Gesetze.
In einer Organisation, z.B. einer Firma gibt es für diese „Ordnung/Regeln/Ideologie“ einen Namen: wir sprechen von „corporat identity“. Und in Bezug auf Gesellschaften habe ich gehört, dass ein Philosoph gesagt haben soll: Religion ist das was eine Gesellschaft integriert.
Für uns Menschen besteht das Problem, dass wir diese „Ordnung/Regel/Ideologie“ nicht wahrnehmen können. Als Familienmitglieder sind wir ein Teil des Systems und können von daher die übergeordneten Zusammenhänge nicht erkennen. Wir müssen diese Gesetze mit unserem Verstand und unserer Beobachtungsgabe erschließen.
Für die „Ordnung/Regeln/Ideologie“ innerhalb einer Familie gibt es dem entsprechend auch kein Wort. Deshalb möchte ich Ihnen ein Beispiel geben für einen systemischen Effekt in einer Familie. Stellen Sie sich vor: Ein Kind in einer Familie ist auffällig (was auch immer das bedeuten mag), es wird zum Psychologen geschickt und bekommt dort eine Therapie, die dazu führt, dass die Auffälligkeit verschwindet. Nach einiger Zeit wird ein anderes Kind in der Familie auffällig. Das „Problem“ liegt also nicht im Kind, sondern im System Familie, in den „verbindenden Regeln“. Es ist also eine Therapie notwendig, die nicht auf das einzelne Familienmitglied zielt, sondern auf das Familiensystem – eine Familientherapie.
Wenn wir ein solches Familiensystem verstehen wollen, dann reicht nicht der Blick auf die aktuell lebenden Familienmitglieder zu richten. Nein, es gehören die Groß- und auch Urgroßeltern dazu, d.h. auch alle verstorbenen Familienmitglieder einschließlich Totgeburten und abgetriebene Kinder. Wenn z.B. ein Kind für die Mutter ein solches abgetriebenes Kind eines anderen Vaters ersetzen soll, dann wird dieses Kind später mit großer Wahrscheinlichkeit Identitätsprobleme bekommen.
Dabei verlässt dieses Beispiel nicht den zeitlichen Rahmen aller beteiligten Personen. Noch komplizierter wird es, wenn diese „Gesetze/Werte“ generationsübergreifend wirksam sind. Die Geschichte des Systems ist hier enthalten. Wenn z.B. ein Familienmitglied im Dritten Reich schwere Schuld auf sich geladen hat, kann das ein entscheidender Aspekt sein, wenn es darum geht ein bestimmtes Verhalt eines Enkels oder Ur-Enkels dieser Person zu erklären.
Die Wirkung dieser inneren „Gesetze/Werte/Informationen“ sind für Personen außerhalb des Systems wahrnehmbar, aber unbewusst! Dass dem so ist, sehen wir in den sogenannten Familienaufstellungen. Eine Gruppe trifft sich unter der Anleitung eines erfahrenen Therapeuten. Eine Person aus der Gruppe „stellt seine Familie auf“ indem sie einzelne Gruppenmitglieder als Stellvertreter für bestimmte Familienmitglieder um sich herum gruppiert. Die aufgestellten Personen entwickeln – wir wissen nicht wie es funktioniert – die Gefühle des Familienmitgliedes das sie repräsentieren.
Ich gehe deshalb so ausführlich auf diese inneren unsichtbaren Kräfte ein, weil das Verständnis dieses Phänomens uns zu einem erweiterten Verständnis von Krebs führt,
Jetzt aber erst
Fortsetzung Teil 3: Hierarchie Lebender Systeme
_________________________________________________________________________________________________
Das Lesebuch ist interessant – Sie haben profitiert?
Mit einer Donation können Sie Ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen.
Konto: Peter Fiesel, IBAN: DE 8420 0411 1101 8878 4300
